Madagaskars Biodiversität in der Krise

24. April 2023, von Marie Schlicht

Foto: Leo van Versendaal

Vom einzigartigen Artenreichtum Madagaskars hat die Bevölkerung wenig. Die Mehrheit der fast 28 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner lebt in Armut und ist auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen angewiesen.

Foto: Leo van Versendaal

Durch die Isolation vom Festland haben sich auf der Insel Arten entwickelt, die sonst nirgendwo auf der Welt zu finden sind: Über 90 Prozent der Tiere und 80 Prozent der Pflanzen sind endemisch.

Foto: Leo van Versendaal

Die größten Bedrohungen für die Biodiversität des Landes sind Rodung der Wälder, Wilderei und der Klimawandel. Krisen wie die Corona-Pandemie verstärken den Druck auf die Artenvielfalt.

Die Fördermaßnahme „Hamburglobal PhD“ aus Mitteln der Exzellenzstrategie ermöglicht es Promovierenden der Universität Hamburg, mehrere Monate im Ausland zu forschen. Der Geograph Leo van Versendaal untersucht die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die einzigartige Artenvielfalt Madagaskars.

Herr van Versendaal, warum ist gerade Madagaskar als Forschungsgebiet so interessant?

Madagaskar ist eine der ältesten Inseln der Welt. Dort leben Tiere und Pflanzen, die sonst nirgendwo zu finden sind, wie beispielsweise die Primatengruppe der Lemuren oder der „Baum der Reisenden“, der wie eine Palme aussieht.

Rodung und Wilderei bedrohen die einzigartige Artenvielfalt seit Langem. Aktuell sind beispielsweise weit über 100 Säugetierarten vom Aussterben gefährdet. Als die Corona-Pandemie begann, habe ich befürchtet, dass sich der Druck auf die Biodiversität weiter erhöht, zum Beispiel dadurch, dass die Bevölkerung noch stärker verarmt und die natürlichen Ressourcen ausbeutet. Ich wollte herausfinden, ob das so ist – auch um für die Zukunft zu analysieren, wie man Naturschutz in Krisenzeiten besser gestalten kann.

Leo van Versendaal. Foto: privat

Wie gehen Sie methodisch vor?

Auf Madagaskar bin ich mit einem Übersetzer drei Monate durch das Land gereist, habe Naturschutzorganisationen interviewt und Fokusgruppendiskussionen mit der lokalen Bevölkerung initiiert. Nun vergleiche ich die Organisationen bezüglich ihrer Naturschutz-Konzepte, um herauszufinden, welche am effizientesten sind und sich auch in zukünftigen Krisen bewähren könnten. Dafür ist es wichtig, auch die Vorstellungen und Bedürfnisse der lokal ansässigen Bevölkerung einzubeziehen.

Wie sind Ihre vorläufigen Ergebnisse – hat die Krise dem Naturschutz auf Madagaskar geschadet?

Die Bevölkerung auf Madagaskar lebt meist in großer Armut und ist auf natürliche Ressourcen wie Holz angewiesen. Diese Armut wurde durch wegfallende Tourismuseinnahmen während der Pandemie verstärkt. Der Ausnahmezustand führte also zu einem noch größeren Druck auf die Natur. Zusätzlich habe Naturschutzorganisationen weniger oder verspätet Spendengelder erhalten oder konnten aufgrund des Lockdowns nicht in ihre Projektgebiete. Folglich gab es weniger Rangerpatrouillen, die Nationalsparks des Landes waren ungeschützt und es kam vermehr zu illegalen und nicht nachhaltigen Aktivitäten wie Abholzung oder Jagd. Dieser erhöhte Druck auf die natürlichen Ressourcen stellt eine erhebliche Gefahr für die Biodiversität Madagaskars dar.

Welche Naturschutz-Konzepte können da zukünftig am besten helfen?

Mein Eindruck ist: Erfolgreich sind Projekte, in denen sich lokale Gemeinden selber um den Naturschutz kümmern, sogenannte „Community-based conservation projects“. Hier haben die Menschen ein umfassendes Verständnis davon, was Naturschutz eigentlich ist. Beim Krisenmanagement hapert es jedoch: Es wird häufig erst gehandelt, wenn es schon zu spät ist. Ich hoffe aber, dass die von mir initiierten Gespräche vielleicht schon ein erster Schritt zu einer Veränderung sind.  

Förderprogramm „Hamburglobal PhD“

Aus Mitteln der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder unterstützt die Universität Hamburg mit dem Förderprogramm „Hamburglobal PhD“ Auslandsaufenthalte von Promovierenden der Universität Hamburg, deren Dissertationen in Bezug zu den Forschungsschwerpunkten, Potenzialbereichen oder Profilinitiativen der Universität stehen. Förderfähig sind Aufenthalte, die an strategischen Partnerhochschulen der Universität Hamburg oder anderen exzellenten Forschungseinrichtungen im Ausland durchgeführt werden.

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