Mit Algorithmen zum perfekten Portfolio?

5. April 2023, von Anna Priebe

Foto: pixabay/PIX1861

Welche Rahmenbedingungen brauchen die Kapitalmärkte und welche Instrumente können den Umgang mit ihnen vorhersehbarer gestalten. Das sind einige der Forschungsthemen des Schwerpunkts „Finance, Banking & Insurance“ an der Fakultät für Betriebswirtschaft. Prof. Dr. Wolfgang Drobetz gibt in der Serie „Forschen & Verstehen“ Einblick in die aktuelle Forschung.

Die Kapitalmärkte sind Dreh- und Angelpunkt des Finanzsystems und damit der Weltwirtschaft. Umso wichtiger ist es, ihre Funktionsweise zu verstehen. Was steht im Fokus Ihrer Forschung?

Kapitalmärkte übernehmen zentrale ökonomische Aufgaben in einer Volkswirtschaft, indem Unternehmen mit ihrem Finanzierungsbedarf und Investoren mit ihren Anlagewünschen in effizienter Weise zusammengeführt werden. Wenn das gut funktioniert, fördern Kapitalmärkte Innovationen, Wandel und Wachstum.

Daher ist es das Ziel unserer Forschung, zu verstehen, wie verfügbaren Anlage- und Investitionsmittel gezielt auf jene Unternehmen verteilt werden können, die die vielversprechendsten Projekte und das höchste Wachstums- und Erfolgspotenzial aufweisen.

Prof. Dr. Wolfgang Drobetz. Foto: UHH

Angesichts von Bankenkrisen und stark schwankenden Kursen funktionieren Kapitalmärkte aber nicht immer gut, oder?

Die Kapitalmärkte sind seit jeher vielen Einflüssen ausgesetzt und damit immer anfällig für Schwankungen. In Zeiten struktureller Veränderungen und disruptiver Innovationen in Gesellschaft und Wirtschaft, wie etwa die Transformation in nachhaltigere Zukunftstechnologien, kommt ihnen aber dennoch eine gesellschaftliche Schlüsselrolle zu, denn hier sind große Investitionen notwendig.

Mit unseren Erkenntnissen über Zusammenhänge und Einflüsse können wir helfen, den notwendigen Ordnungsrahmen bestmöglich zu gestalten und Handlungsmöglichkeiten für Unternehmen und Anlegerinnen bzw. Anleger aufzuzeigen. So werden auch bessere Vorhersagen und rechtzeitiges Eingreifen möglich.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wir untersuchen in mehreren aktuellen Projekten den Einsatz maschineller Lernverfahren im Portfoliomanagement. Hier werden Algorithmen darauf trainiert, Muster in sehr großen Datensätzen zu finden und auf Basis dieser Analyse die besten Entscheidungen zu treffen. Der Algorithmus lernt dabei, ohne dass die weit verbreiteten Vorstellungen von fundamentalen Zusammenhängen auf den Aktienmärkten vorausgesetzt werden.

So sollen die Renditen einzelner Aktien verlässlich prognostiziert und auch Aktienmarktcrashs vorausgesagt werden. Vor dem Hintergrund der Diskussion rund um eine kapitalmarktgedeckte Altersvorsoge spielen derartige Vorhersagen beispielsweise eine zentrale Rolle für die langfristige Wertentwicklung eines Pensionskassenportfolios.

Um zu diesen Vorhersagen zu kommen, arbeiten wir fast immer empirisch, das heißt mit großen Datenmengen und statistischen bzw. ökonometrischen Methoden. Wir schauen dabei nicht nur auf Deutschland, sondern kooperieren im Rahmen unserer Forschungsprojekte auch international.

Nutzen Sie dabei die Daten, die auch Anlegerinnen und Anlegern zur Verfügung stehen?

Beim maschinellen Lernen nutzen wir tatsächlich diese verfügbaren öffentlichen Informationen. Aber wir gehen davon aus, dass es auch informelles Wissen auf Finanzmärkten gibt. In einem anderen Projekt untersuchen wir daher den Einfluss von Investorennetzwerken auf den Erfolg von Unternehmensübernahmen.

Institutionelle Anleger, also Fondsgesellschaften, Versicherungen oder Pensionskassen, haben besseren Zugang zu Unternehmensinformationen als Kleinanleger und sind meist auch in zahlreiche Gesellschaften gleichzeitig investiert. Dadurch entstehen Netzwerke, die den Informationsfluss untereinander und damit auch die Kontrollmöglichkeiten über das Unternehmen verbessern. Die Eigentümerstruktur und insbesondere auch die Verbindungen der Eigentümer untereinander stellen somit einen Erfolgsfaktor auf dem Markt für Unternehmensübernahmen dar.

Forschen & Verstehen

In den acht Fakultäten der Universität Hamburg forschen rund 6.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Auch viele Studierende wenden oft bereits im Studium ihr neu erworbenes Wissen in der Praxis an. Die Reihe „Forschen & Verstehen“ gibt einen Einblick in die große Vielfalt der Forschungslandschaft und stellt einzelne Projekt genauer vor. Fragen und Anregungen können gerne an die Newsroom-Redaktion(newsroom"AT"uni-hamburg.de) gesendet werden.

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