„Ohne das Fellowship wäre mir so eine Idee nie gekommen“

12. Januar 2023, von Christina Krätzig

Foto: Hias/C. Höhne

Prof. Dr Elvira Pushkareva forscht zu Umweltrecht in internationalen Verträgen, der Landschaftsarchitekt Prof. Dr. Eckart Lange zu Visualisierungen in Planungsprozessen. Ihre Fellowships werden aus Mitteln der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder finanziert.

Die Universität Hamburg lädt gemeinsam mit anderen Hamburger Hochschulen einmal jährlich Forschende sowie Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt zu einem mehrmonatigen Studienaufenthalt in Hamburg ein. Elvira Pushkareva, Professorin für internationales Recht, und der Landschaftsarchitekt Prof. Dr. Eckart Lange gehören zu den diesmal Geförderten.

Herr Lange, Sie haben fast zwanzig Jahre als Professor an der University of Sheffield gelehrt und sind nun emeritiert. Wie kam es dazu, dass Sie sich für ein Advanced Fellowship hier in Hamburg beworben haben?

Ich beschäftige mich mit der Visualisierung von landschaftsplanerischen Entwürfen und wie solche digitalen Bilder die Planungsprozesse beeinflussen. Dieses Thema beschäftigt mich schon lange und ich schreibe derzeit ein Buch darüber. Hier in Hamburg habe ich nun ohne alltägliche Verpflichtungen Zeit dafür.

Und wie war es bei Ihnen, Frau Pushkareva?

Ich beschäftige mich mit internationalem Recht und Umweltrecht und habe als Beraterin vieler großer Organisationen wie beispielsweise der Vereinten Nationen oder dem Word Wildlife Fund For Nature (WWF) gearbeitet. Der Beginn des Ukraine-Kriegs hat mich als gebürtige Russin sehr getroffen. Mit meiner Arbeit hier in Hamburg hoffe ich dazu beitragen zu können, dass die Zerstörung der Umwelt in diesem wie auch in künftigen Konflikten weniger dramatisch ausfällt.

Ist die Umwelt nicht nachrangig, wenn in einem Krieg Menschen sterben?

In den Jahren nach einem Krieg sterben leider meist noch mehr Menschen als während des Konflikts selbst, und das liegt an der Zerstörung der Umwelt und damit der Lebensgrundlagen der Menschen. Ich bin sicher: Würden Umweltschutzaspekte in internationalen Vereinbarungen wie beispielsweise der Genfer Konvention von Anfang an stärker berücksichtigt, könnte das die Kriegsfolgen mildern. Wie man diesen Gedanken in internationale Verträge implementieren könnte, damit beschäftige ich mich hier in Hamburg. 2022 hat die internationale Gemeinschaft einen großen Schritt in diese Richtung gemacht, denn die UN-Völkerrechtskommission hat Grundsätze zum Schutz der Umwelt im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten entwickelt.

Herr Lange, was hat Sie gerade an der Stadt Hamburg gereizt?

Mich faszinieren die besonderen planerischen Herausforderungen von Städten am Wasser, insbesondere wenn diese den dynamischen Rhythmen der Gezeiten und dem Risiko von Sturmfluten ausgesetzt sind. Das trifft auf Hamburg mit seiner Hafencity zu, deren Entwicklung ich aufmerksam verfolgt habe. Ich habe aber auch viel zu der chinesischen 20-Millionen-Metropole Guangzhou im Perlfluss-Delta geforscht. Wie bei uns kommen auch dort bei stadtplanerischen Vorhaben immer stärker 3D-Modellierungen und Visualisierungen zum Einsatz.

Ist das problematisch?

Solche Bilder können Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern sehr früh im Planungsprozess ein realitätsnahes Bild vorspiegeln, obwohl detaillierte Entscheidungen zumeist noch gar nicht getroffen worden sind. Darüber hinaus bleiben viele wichtige Faktoren bei Visualisierungen normalerweise auf der Strecke: die Geräuschkulisse beispielsweise, die Haptik von Materialien oder auch das Klima in einem Stadtteil. Visualisierungen einer Realität und die damit zusammenhängenden sensorischen Erfahrungen können den Planungsprozess erheblich beeinflussen. Genau darüber möchte ich mehr herausfinden.

Frau Pushkareva, was hat Sie an der Fördermaßnahme „Advanced Fellowship“ in Hamburg gereizt?

Die Internationalität und Interdisziplinarität der Fellow-Gruppe! Jeder von uns arbeitet in einem anderen Forschungsbereich, aber wir tauschen ständig Ideen aus und diskutieren sie. Jede Woche teilt eine oder einer von uns Ideen und Schlussfolgerungen beim gemeinsamen Abendessen mit. Ein Stipendiat aus den USA erforscht beispielsweise dass Leben, von dem man heute weiß, dass es tief im Gestein der Kontinente und des Meeresbodens existiert. Unsere Diskussionen zu diesem Thema haben mir in meinem Arbeitsbereich, dem Umweltrecht, neue Impulse gegeben. Eine andere Kollegin ist eine experimentelle Komponistin. Sie visualisiert ihre Ideen, zum Beispiel in ihrer Oper “Speechless”, die demnächst auf einer Hamburger Bühne aufgeführt werden soll.  So etwas hatte ich noch nie gesehen! Und plötzlich schoss mir der Gedanke durch den Kopf, ob es auch für internationale Verträge möglich wäre, diese durch Kunst zu visualisieren. Ohne das Fellowship wäre ich nie auf eine solche Idee gekommen!

 

Förderprogramm „Advanced Fellowships“

Pro Jahr können bis zu 20 Fellows zwischen drei und zehn Monate lang in Hamburg leben und arbeiten: Forschende ebenso wie Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt, nicht aber aus der Metropolregion Hamburg. Betreut werden die Fellows vom Wissenschaftskolleg „Hamburg Institute for Advanced Study“ (HIAS), das von neun Hamburger Wissenschaftsinstitutionen getragen wird. Finanziert wird die Fördermaßnahme anteilig aus Mitteln der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder.

 

 

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